Was sind die Ich-Zustände?
Sie haben sicher schon erlebt, dass sich jemand „oberlehrerhaft“, „kindisch“ oder auch „souverän“ verhält. Das alles sind Eigenschaften, die sich bei genauerer Betrachtung den Ich-Zuständen zuordnen lassen. Die Ich-Zustände sind ein Konzept aus der Transaktionsanalyse, welches menschliche Kommunikation und die auftretenden Verhaltensweisen verstehbar macht.
Für gute Kommunikation und ein wirkungsvolles Miteinander brauchen wir alle Ich-Zustände. Diese Ich-Zustände sind bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt und werden situationsbedingt eingesetzt. Je mehr wir über unsere eigenen Ich-Zustände verstehen, desto klarer und produktiver wird auch unsere Kommunikation.
Das Modell der Ich-Zustände wurde Anfang der 1960er Jahre vom Begründer der Transaktionsanalyse Eric Berne entwickelt.
Strukturmodell der Ich-Zustände
Mit dem Strukturmodell der Ich-Zustände können wir den Ursprung, die Herkunft und die Art und Weise der Kommunikation verstehen. Das Strukturmodell beschäftigt sich mit dem „Was“, dem Inhalt und der Struktur der Kommunikation.
Es gibt eine Unterscheidung von 3 Ich-Zuständen, die sich im Denken, Fühlen und Verhalten einer Person widerspiegeln:
Eltern-Ich-Zustand (EL) – Im EL denken, fühlen und verhalten wir uns so, wie wir das von unseren Eltern oder anderen Autoritätspersonen erlebt und erlernt haben. Hier handelt es sich um gespeicherte Eindrücke wie Grundsätze, Verhaltensregeln, Normen, Erlaubnisse, Anweisungen, Verbote, … Aspekte des EL: kritisch, helfend;
Das EL ist wichtig und notwendig um z.B. Gefahren zu erkennen, korrigierend eingreifen zu können, Schutz und Orientierung für sich und andere zu geben, Führen und Leiten zu können, …
Erwachsenen-Ich-Zustand (ER) – Im ER nehmen wir die Realität im Hier und Jetzt wahr und reagieren darauf. Wir nehmen Informationen auf, bewerten diese objektiv, erkennen Zusammenhänge, wägen Alternativen ab und treffen Entscheidungen. Wir reagieren bewusst, situations- und altersangemessen, sowie wenig emotional bis emotionslos.
Das ER ist wichtig und notwendig, Informationen aus K-Ich und EL-Ich zu bewerten und zu integrieren um: Entscheidungen realitätsangemessen treffen zu können, Situationen einzuschätzen, vorausschauend zu planen, Konflikten konstruktiv zu begegnen, …
Kind-Ich-Zustand (K) – Im K denken, fühlen und verhalten wir uns so, wie wir es in der Kindheit taten. Es ist der Speicher für kindliche Erlebens-, Reaktions- und Verhaltensweisen. Es ist unser natürlichster Teil und ist meist von Intuition, Impulsen und Gefühlen bestimmt. Aspekte des K: Spontan, angepasst, rebellisch/ trotzig;
Das K-Ich ist wichtig und notwendig, um Spaß zu haben, kreativ zu sein, seine Bedürfnisse wahrzunehmen, um Intuition nutzen zu können, sich Situationen anpassen zu können, …
Diese 3 Ich-Zustände bilden die Grundstruktur unserer Persönlichkeit und jeder einzelne ist für gesundes und ganzheitliches Denken, Fühlen und Verhalten wichtig und notwendig. Ziel aus Sicht der Transaktionsanalyse ist Autonomie und damit einhergehend eine integrierte Persönlichkeit, die alle Ich-Zustände unter der Autorität und Führung des Erwachsenen-Ich nutzt.
Für die Persönlichkeitsentwicklung gilt: Ist ein Ich-Zustand wenig ausgeprägt, kann er durch Übung entsprechenden Verhaltens gestärkt werden. Ist ein Ich-Zustand zu sehr ausgeprägt, sollten die weniger ausgeprägten gestärkt werden.
Entscheidungsfindung mithilfe des Ich-Zustandsmodells
Um stimmige und klare Entscheidungen zu treffen ist es wichtig alle Ich-Zustände zu involvieren. Jeder Zustand an sich bietet Zugriff auf andere Kompetenzen der Gesamtpersönlichkeit.
Hilfreiche Fragen und Anregen zu den einzelnen Ich-Zuständen sind beispielsweise:
Kind-Ich
- Würde es mir Spaß machen und wenn ja, was daran?
- Worauf habe ich gar keine Lust?
- Wo empfinde ich einen Widerstand, Ängste oder Bedenken?
- Was traue ich mir daran zu und was nicht?
- Mal ganz pessimistisch gedacht, dann… / Mal ganz optimistisch gedacht, dann…
Eltern-Ich
- Was sollte ich tun? Was würden andere wichtige Beteiligte / Berater sagen sollte ich tun?
- Gibt es ethische oder moralische Bedenken?
- Werden Regeln eingehalten oder verletzt? Und wenn ja, welche?
- Was könnte mich dabei überfordern?
- Was täte mir dabei gut? Was wäre für andere wichtige Personen oder die Sache gut?
Erwachsenen-Ich
- Über welche Informationen verfüge ich bereits? Welche gilt es noch zu beschaffen?
- Welche Rahmenbedingungen gibt es zu berücksichtigen?
- Welche Grenzen gibt es zu beachten? Welche Alternativen gibt es noch?
- Macht dies Sinn? Ist es realistisch?
- Aus meiner Erfahrung schätze ich die Situation wie folgt ein…
Die Ich-Zustände ist ein grundlegendes Konzept, welches ich in Coaching, Beratung und auch Therapie nutze. Es unterstützt mich u.a. darin, den Klienten besser zu verstehen und gezielte Entwicklungsangebote machen zu können.
Über die Autorin: Karin Reuter ist IT Beraterin, zertifizierter Coach, Heilpraktikerin für Psychotherapie, langjährig ausgebildete Transaktionsanalytische Beraterin und begleitet seit Jahren Ihre Kunden in den unterschiedlichsten Entwicklungs- und Veränderungssituationen.
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